Wurlitzer 616 von 1937: Kunststoffteile ersetzen

geschrieben von - posted by abaer 
Wurlitzer 616 von 1937: Kunststoffteile ersetzen
09.01.13 17:40
Guten Tag zusammen.

Ich bin neu unter den Jukebox-Restaurateuren und muss an meiner Wurlitzer-616-Ruine alle Kunststoffteile austauschen.
Die Roten vorne und oben seitlich (1,6mm dick) und die Rote hinter der Titelleiste (ca 0,3mm dick) und das farblose durchsichtige Teil mit den Titelnummern auf der Titelleiste (ca 0,5mm dick).

Welches Material würdet ihr als professionelle Restauratoren dafür nehmen?
Welches Plastikmaterial wart das eigentlich?
Damals gab es doch im Wesentlichen Bakelit, oder was hatte man sonst noch?
Es fühlt sich ein bisschen an wie Hart-PVC.

Nach meinem derzeitigen Stand der Restaurationsplanung würde ich für die roten Teile
das undurchsichtige aber etwas lichtdurchlässige "Plexiglas trueLED" oder "Plexiglas GS" (Evonik) nehmen.
Das ist zwar mit 3mm etwas dicker, aber es streut gut und man sieht die einzelnen Lampen dahinter nicht mehr.
Das dünne rote Teil hinter den Titeln könnte man durch durchsichtiges rotes Plexi ersetzen da es sowieso nur der Farbgebung dient und man nicht durchsehen kann. Das farblose Teil würde ich ebenfalls aus Plexiglas machen und von hinten mit einer bedruckten Klasichtfolie (Avery) bekleben.

Ich bin mir aber nicht sicher.
Vielleicht gibt es ja eine bessere Lösung.

Für Tips und Hinweise wäre ich euch sehr dankbar.
Mcc
Re: Wurlitzer 616 von 1937: Kunststoffteile ersetzen
12.01.13 08:53
Nunja.....als Neuer kommt mal die kleine Vorstellung...so wie : Hallo, ich bin Heinz der Schuhkartonfalter, komme aus so und so...........

und du bist wirklich proffessioneller Restaurator ?

hmmmmmm (grübel grübel) .37 Box.........Plastik.....Plexi......Klarsichtfolie......Avery....Led????

schönen Tag noch von mir

Claude

...mit freundlichen Grüssen aus Lutzelburg.

W 312 , Mills Throne of Music , Seeburg 146 - 147 , Rock Ola 1428 , W 1550 , Ami D40 , R.O. Regis 1488 , Wurltzer Lyric 1961 , Barcobox


www.mcc.lu
Re: Wurlitzer 616 von 1937: Kunststoffteile ersetzen
12.01.13 13:05
Hallo abaer,

die 616 hat an sich keine Kunststoffteile, sondern ein hölzernes Gehäuse.
Hier sehen Sie Fotos zu dem Modell sowie Fotos einer Restaurierung einer 616: [www.jukebox-world.de]

Wenn Ihrer 616 (rote) Kunststoffteile am Gehäuse hat, wird es sich um ein später eingebautes "Light-Up-Kit" handeln. Mittels dieser Nachrüstsätze wurde versucht, ältere Gehäuse zu modernisieren und die Musikbox für (bestimmte) Aufstellplätze wieder attraktiv zu machen. Hier haben wir einige dieser Modelle zusammengestellt: [www.jukebox-world.de]

Die Light-Up-Kits wurden von verschiedenen Herstellern angeboten, in der Regel nicht vom Hersteller der Musikbox.

Aus welchen Materialien diese Kunststoffteile waren, weiß ich nicht. Ende der 30er, Anfang der 40er wurde auch Catalin verwendet. Aber die Light-Up-Kits wurden auch später noch gebaut, so daß sich kaum beantworten läßt, welches Material in Ihrer 616 verwendet wurde.
Wenn Sie das heute ersetzen wollen oder müssen, würde ich einen Kunststoff wählen, der lichtdurchlässig ist, nicht deckend. Sonst kommen die Lampen gar nicht zu Geltung. Welches Material das dann ist, ist vermutlich nicht ganz so wichtig.

Git es Fotos Ihrer Box mit eingebauten Plastikteilen? Beleuchtet? Ich würde versuchen, mit optisch davon leiten zu lassen, um das richtige Material für die originalgetreue Erscheinung zu finden.


Viele Grüße - Hildegard Stamann
Re: Wurlitzer 616 von 1937: Kunststoffteile ersetzen
12.01.13 14:04
Vielen Dank, Hildegard, für Ihren hilfreichen und netten Betrag.

Ich hatte zwar schon von einem Light-Up Kit gelesen, dachte aber,
das sei im Wesentlichen dieses gefärbte sich drehende Glasrädchen, das manchmal hinten eingebaut wurde.
Dass man im Rahmen des *up-lighting" auch nachträglich die Seitenwände aufgesägt hat, wusste ich nicht..
Das erklärt aber, warum die Schnittkanten der oberen Seitenöffnungen - die von aussen durch schöne profilierte Stäbe und eben dieses rote Plastik verdeckt sind - von innen sehr ausgefranst aussehen.
Das hat mich schon gewundert. Das konnte nicht "ab Werk" so verarbeitet gewesen sein.
Auch der Lautsprechergrill von meiner ist ein Anderer als bei der urspränglichen Version.
Ich dachte bisher, das seien Varianten von Wurlitzer gewesen.
Immerhin wurde die 616 anscheinend mindestens ein Jahrzehnt lang verkauft -
da würde es mich nicht wundern, wenn man das Design etwas der Mode angepasst hätte.

Ich versuche mal zwei Bilder anzuhängen.

Übrigens: Den Hinweis von Claude aus Lutzelburg zun Thema "Kurzvorstellung" finde ich durchaus sinnvoll.
Wäre vielleicht das auch einen Satz im "Info für neue Mitglieder" wert.

Ich will das hier gerne nachholen.
Ich bin ein "Dütscher" in der Schwyz und lebe in Obergösgen im Kanton Solothurn.
Ich bin Elektro-Ingenieur mit Hang zur Mechanik und zur Schreinerei und und sammle und repariere und restauriere - seit ich mehr Zeit dafür habe - alte elektrische und elektronische Geräte. Und jetzt ist mir eben diese Wurlitzer 616 untergekommen.
Ich bin also kein "professioneller" Restaurateur und somit auch keine Konkurrenz für die Elsässer Branche. ;-)

Da ich diese Anonymisierung durch die Benutzernamen im Internet eigentlich ziemlich blöd finde, werde ich in Zukunft meinen richtigen Namen verwenden.

Viele Grüsse
Adalbert Gebhart


Re: Wurlitzer 616 von 1937: Kunststoffteile ersetzen
12.01.13 15:25
Hallo Herr Gebhart,

das sich drehende "Lichtrad" ist ebenfalls eine Ergänzung und nennt sich "Light-Animation-Unit". Wann und vom wem das auf den Markt kam, weiß ich nicht. Es könnte ein Sonderzubehör von Wurlitzer sein, aber dafür lege ich keine Hand ins Feuer. smiling smiley

Bei Ihrer 616 vermute ich "Stark & Novelty" als Hersteller des Light-Up-Kits.
Wenn Sie sich hier [www.jukebox-world.de] auf der zweiten abgebildeten Werbung von ca. 1940 die Wurlitzer 616C ansehen, finden Sie zwei Elemente wieder: das Grillgitter und die oberen Kunststoffplastiken.

Ich nehme an, da Ihr Kit zwischen 1938 und 1949 entstanden ist, also auch schon recht alt ist.

Von Wurlitzer selbst wurde das Modell nicht 10 Jahre lang verkauft. Das war vermutlich weniger in deren Interesse, da ja neue Geräte verkauft werden sollten.
Es werden Aufsteller und Großhändler gewesen sein. Ein Aufsteller hat eine alte Musikbox modernisiert, um damit noch einen Aufstellplatz zu gewinnen, der nicht so große Besucherzahlen und somit weniger Gewinn bringt. Dafür war die Musikbox aber auch nicht so teuer.
Und für Großhändler wird das die Möglichkeit gewesen sein, Geräte noch zu verkaufen statt sie zu entsorgen.

Aufgrund des Kriegseintritts 1942 wurden dann auch keine neuen Musikboxen mehr produziert; Firmen stiegen in die Rüstungsindustrie ein und es gab Materialbeschränkungen.
Von 1942 bis 1945 einschließlich wurden somit keine neuen Geräte produziert, sondern alte wiederverwendet, modernisiert, umgebaut usw. Die Victory von Wurlitzer ist z.B. ein solches Gerät. [www.jukebox-world.de]

Die ersten wirklich neuen Modelle nach dem Krieg kamen 1946 auf den Markt.

Den Hinweis zur Kurzvorstellung habe ich in die Infos für neue Mitglieder aufgenommen. Natürlich kann es keine Pflicht werden, daß sich jede/r mit dem richtigen Namen anmeldet oder diesen verwendet, aber wie Sie finde ich das persönlicher.


Viele Grüße - Hildegard Stamann
Re: Wurlitzer 616 von 1937: Kunststoffteile ersetzen
12.01.13 18:19

Hallo Hr. Gebhart

Wie Hildegard schon geschrieben hat, wurde Ihre W 616 mit beleuchteten Plastikteilen "modernisiert" um sie optisch den damaligen Nachfolgemodellen anzupassen und attraktiver zu gestalten. Der Lautsprechergrill lehnt sich optisch ja z.B. an den der Wurlitzer 500 an.
Die W 616 stammt aus einer Zeit, als Jukeboxen eher wie "große Radios" aussahen. Erst um 1938 herum begannen die Jukeboxhersteller die Boxen auch bunt zu beleuchten. Die Erfindung des Kunststoffes, hier in Europa mehr das Bakelit, in den USA eher das Catalin, bereitete dazu den Weg.

Meiner Ansicht nach sind die einzelnen Jukeboxmodelle nur ein oder maximal zwei Jahre von Wurlitzer geliefert worden, denn jedes Jahr wurden neu gestylte Geräte vom Hersteller angeboten. Die im Inneren verbaute Technik veränderte sich dabei viel viel langsamer. Einen wesentlicher Schnitt in der Mechanikkonstruktion vollzog Wurlitzer vom Jahr 1940 nach 1941.

Die jährliche Modellvielfalt bei Wurlitzer erreichte seinen Höhepunkt 1941, wo gleichzeitig 5 verschiedene Jukeboxmodelle angeboten wurden: 750(E), 780(E), 850 als "neue" Geräte und 41 und 71 als Tablecounter, die schon 1940 im Verkaufsprospekt erschienen.
Der Angriff der Japaner auf Pearl Harbour in Hawaii und der damit verbundene Kriegseintritt der USA veränderte alles und ab 1942 wurde die Jukeboxproduktion bei Wurlitzer stark heruntergefahren. 1942 kam nur die 950 und eine abgewandelte Version der 850, die 850A auf den Markt. Danach gab es nur noch "neue, moderne Holzgehäuse mit Echtglasverzierung", wie das Victory-Gehäuse, in welches jede "alte" Wurlitzer-Mechanik implantiert werden konnte.


Ich habe mal eine 716 mit dem Light-Up Grill gekauft, der auch in Ihrer 616 verbaut ist. Diesen habe ich komplett ausgebaut und die 716 wieder in den Werkzustand zurückgerüstet. Dieses Light-Up Kit mit dem Beleuchtungsrahmen steht seitdem bei mir in der Garage und wäre abzugeben, falls Sie irgendwelche Teile benötigen sollten.

Viele Grüße in die Schweiz und gutes Gelingen bei der Restauration wünscht
Axel




Re: Wurlitzer 616 von 1937: Kunststoffteile ersetzen
15.01.13 02:30
Danke für die Informationen, Herr Rosenberger.Und auch für das Angebot.
Der Grill Ihrer Jukebox sieht ja wirklich identisch aus.
Vielleicht komme ich darauf zurück. Ist jedenfalls gut, zu wissen.
Derzeit bin ich noch dabei, Informationen zu sammeln - über Verfahren, Ersatzteile, Materialbeschaffung usw..
Ob ich die Box dann mit altem Catalin wieder herrichte oder ob ich dort neue Materialien verbaue, werde ich dann sehen.
Ich habe sowieso noch ein paar andere Projekte in der Pipeline, die jetzt erstmal dran sind.
Viele Grüsse
Adalbert Gebhart
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