Bastelfreude an einer Tonomat Telematic 100

geschrieben von - posted by ullchen 
Bastelfreude an einer Tonomat Telematic 100
12.03.12 15:05
Liebe Jukeboxfreunde,

hab hier zwar schon viel gelesen, aber noch nicht viel geschrieben. Also vorweg ein paar Worte zu meiner Person:

Mein Name ist Ulrich und bin gerade noch 39 Jahre alt. Ich wohne im berliner Süden und verdiene mein Geld als Ingenieur.
Seit vielen Jahren steckt speziell in den Wintermonaten der Jukeboxvirus in mir. Seit immerhin 23 Jahren bin ich meiner ersten Box, einer Rock Ola 440 treu. Sie steht im Bastelkeller und spielt unermüdlich die wohlbekannten Lieder. Meist sind es die günstigen Kisten mit dem Plattenspiel tief im Innern, die sich mit kleinen Mitteln an Land ziehen lassen und im "Behandlungszimmer" genau untersucht werden. Ein besonderes Augenmerk bekommt immer die Technik. Bei dem Auffrischen des Erscheinungsbildes entwickel ich meist keine so große Leidenschaft smiling smiley

Wenn Alles wieder gut funktioniert, gilt es, irgendwo im Bekanntenkreis eine artgerechte Unterbringung zu organisieren - man trennt sich nach so vielen Stunden sehr ungern von den Schätzen. Könnt Ihr das nachempfinden?
Auf diese Art ist auch eine Seeburg LPC 480 in das Flame-Diner in der Zehrensdorfer Straße gewandert. Wer dort vorbeischauen möchte, braucht keine Münzen mitbringen.

Seit ein paar Wochen erlebe ich große Bastelfreude an einer Telematic 100. Ich liebe die kuriosen Tricks der Entwickler, mit der sie die im Nachkriegsdeutschland verfügbare Telefontechnik von DeTeWe mit einem genialen Wechslermechanismus verheiratet haben.
An meiner Box hat ein Vorbesitzer diverse Modifikationen vorgenommen. Das Gerät dürfte immer nur sehr kurz funktioniert haben. Während des jahrzehntelangen Dornröschenschlafs haben sich zu allem Überfluss auch noch kleine Nagetiere eingenistet. Entsprechend hoch war der zu beklagende Reparatur-Rückstau.

Mit der Anleitung zum Gerät ließen sich die meisten Baustellen wieder bereinigen. Insbesondere der von innen angenagte Verstärker brauchte Pflege. Seit dem vergangenen Wochenende lassen sich alle Titel korrekt anwählen und werden auch anstandslos abgespielt, mit Ton versteht sich. Ihr könnt sicherlich nachempfinden, warum in meinem Gesicht dieses breite Grinsen zu sehen ist.

Und nun kommen wir zu den Details für Bastelfreaks:
Der Elektromotor zum Einschreiben und zum Bewegen des Plattenkorbes macht noch Sorgen. Es ist ein Motor mit Schneckengetriebe und interessanter Fliehkraftregelung.
An einer Seite stehen die Worte "Perpetuum Ebner". Erstaunlicherweise bietet das Internet einige Informationen dazu, meist unter der Abkürzung PE. Genau dieser Motor befand sich demzufolge in Plattenspieler-Chassis von Musikmöbeln bis in das Jahr 1938(!) hinein. Auf der Ausgangswelle des Schneckengetriebes saß direkt der Plattenteller. Direktantrieb in den 30er Jahren??? Aha, ist wie so Vieles auch schon einmal da gewesen.
Die Geschwindigkeit des Plattentellers konnte stufenlos reguliert werden, indem der Elektromotor mehr oder weniger gebremst wurde.
Wenn aber wie bei meinem Exemplar ein Fliehgewicht fehlt, entsteht eine beachtliche Unwucht. Der Motor vibriert und lässt sich nicht mehr einregulieren. Der Plattenkorb der Musikbox kommt auf beachtliche Touren und rastet unter empfindlichem Krachen am gewählten Titel ein. Ein unhaltbarer Zustand, so mein Gefühl.
Mein erster Gedanke war es, ein Fliehgewicht anzufertigen. Doch fehlt auch ein filigranes Federblech. Da schwand mein Mut dahin, auch ohne Ersatzteile ans Ziel zu kommen. Seit Wochen ist kein Ersatz aufzutreiben, grrr.
Spontan entschied ich mich für ein Austausch-Aggregat. Als Organspender diente unerwartet eine Laborspülmaschine von Miele. Der dort eingebaute Getriebemotor einer Schlauchpumpe (Spaltpolmotor mit Stirnradgetriebe) hat genau 70 Umdrehungen in der Minute.
Der Einbau in die Box war flott gemacht, Platz ist ja reichlich vorhanden.
Die Mechanik rastet nun sanfter ein. Nur der Einschreibe-Magnet wurde für den vorherigen Zustand zu früh ausgelöst und musst neu eingestellt werden.
Natürlich ist der Wunsch groß, den Originalzustand wieder herzustelen. Wer noch Teile für diesen Motor hat, könnte mir eine große Freude machen. Ich versuche, ein Bild anzuhängen.
Auch ein Flachriemen für den Antriebsmotor des Plattentellers ist noch auf meiner Wunschliste.
Freue mich auf Anregungen.
Grüße,

Ulrich Klein


Re: Bastelfreude an einer Tonomat Telematic 100
12.03.12 15:46
Hallo Herr Klein,

vielen Dank für den netten Bericht.
Wo haben Sie denn wochenlang nach Ersatz gesucht?

Geben Sie doch bitte entsprechende Gesuche-Anzeigen in unserem Anzeigenmarkt auf. Machen Sie Fotos, auf denen genau zu sehen ist, was fehlt, defekt ist bzw. gebraucht wird.

Viele Grüße - Oliver Stamann
Re: Bastelfreude an einer Tonomat Telematic 100
12.03.12 18:40
> Direktantrieb in den 30er Jahren???

Der war bis zur Einführung von Plattenspielern mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten üblich, nicht nur bei Elektroantrieb. Auch die Federwerke von Grammophonen treiben den Plattenteller direkt an. In beiden sorgt ein Fliehkraftregler für relativ konstante 78 Umdrehungen pro Minute, verstellbar über einen Hebel.
Die Federn sind auf deinem Foto gebrochen. Die gibt es als Ersatzteil zu kaufen.

Perpetuum Ebner war einer der größten Plattenspielerhersteller in Deutschland. Die Firma saß, genau wie Dual, in St. Georgen im Schwarzwald. Die Gründer von Dual und PE waren Brüder, trotzdem waren beide Firmen Konkurenten. PE wurde später von Dual übernommen.
Mcc
Re: Bastelfreude an einer Tonomat Telematic 100
12.03.12 19:20
Moinmoin,

ich habe einen Garrard Schellack Wechsler, in dem ist so ein ähnlicher Motor drin, sieh mal hier :

[picasaweb.google.com]
[picasaweb.google.com]

Teile sind aber noch zu finden...

Claude
Re: Bastelfreude an einer Tonomat Telematic 100
12.03.12 22:16
Hallo Hr. Klein,

bisher habe ich bei einer Telematic 100 noch keinen solchen Magazinmotor gesehen - muß wohl ein sehr frühes Modell oder gar ein Eigenbau gewesen sein - der übliche Motor sitzt unter einer Aludose und ist in der Dehzahl nicht regelbar.
Habe den Motor einmal ohne die Aludose fotografiert.
Den Antriebsriemen kann man auch aus einer Gummitülle einer Kabelabdeckung im KFZ Bereich schneiden - manchmal tut es auch eine Mostflaschenkappe (kleine Ausführung).
Den Wirbelstromdrehzahlregler hätte ich noch da - bei Interesse bitte Mail an mich.

Viele Grüße

Norbert



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 12.03.12 22:19.


Re: Bastelfreude an einer Tonomat Telematic 100
13.03.12 10:27
Hallo,

hier gibt es ja schnell Antworten, Respekt!
Es ist interessant, dass die Firma Tonomat offensichtlich verschiedene Komponenten verbaut hat. Der von Norbert gezeigte Motor war in meiner Box definitiv nicht eingebaut. Es gab noch keine Bohrung in der Holzplatte für die Welle.
Es lag wohl nahe, bei noch nicht so üppiger Versorgungslage möglichst das vorhandene Vorkriegs-Material zu nutzen. Wieder ein Grund, der Box nicht durch neuere Innereien ein Stück Historie zu rauben.

Zur Instandsetzung meines Motors hätte ich Interesse an einer Bezugsadresse für Teile von PE. Es fehlen ein Fliehgewicht mit einem kleinen Plättchen zur Montage und ein Federblech. Die beiden anderen Bleche sind lediglich an einer Seite abgeschraubt.
Auch der Riemen dürfte im PE Plattenspieler Namens Rex verbaut worden sein. Die Riemen-Reibrad-Kombination war bei PE früher auch eine gängige Konstruktion. Diese Flachriemen sind üblicherweise auf genaue Maße geschliffen. Bei Improvisationen befürchte ich Gleichlaufschwankungen.

Meine Suche nach Teilen beschränkte sich bisher auf das Sammelsurium verschiedener Jäger und Sammler in meiner Nähe und das Internet. Das war bisher schon recht ergiebig. Leider ist ein paar Wochen vor dem Einzug der Box genau dieser Motor für kleines Geld bei Ebay verkauft worden. Man weiß vorher nie, was man später brauchen wird.
Auf die Suchanzeige im Forum komme ich gerne zurück.
Die Box läuft zum Glück nun recht ordentlich. Also ran an die anderen Restabeiten wie der Bau einer ordentlichen Rückwand. Auch an den Titelhaltern fehlt noch ein Bügel aus Acrylglas, der Drehwähler läuft noch ein bisschen träge...

Dann muss mit der Regierung (mit meiner Frau) noch verhandelt werden, wo das gute Stück letztendlich stehen darf. Ich bin für das Wohnzimmer. Aber das wird noch eine Grooooße Herausforderung smiling smiley


Grüße,

Ulrich
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