Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse

geschrieben von - posted by Jens65 
Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
05.10.21 09:32
Hallo Zusammen,

nachdem der Sommer so langsam geht und alle Hecken geschnitten sind, kann ich bei meiner W 1100 weiter machen. Die letzte Etappe ist die Hauptmechanik. Ich habe hier ein ganz seltenes Modell. Alle beweglichen Teile sind geschwärzt und die Rahmen farblich passend in eine dunkel braun. Da das alles nicht ganz sauber ausgeführt, (Nasen und dicke Farbklumpen) bin ich gerade dabei das alles auf Metallglanz zurück zu bringen.
Irgend jemand hat anscheinend in Ermangelung des Schmierplans die Fettspritze auf groben Strahl gestellt und reingehalten.

Ich habe mich schon ziemlich weit vorgearbeitet und merke schon jetzt, dass das hintere Lager der Hauptwelle ausgelaufen ist. Da werde ich wohl eine Lagerbuchse einsetzen müssen. Die Welle selber messe ich so um die 12,8/ 12,7mm (ohne Farbauftrag). Demnach würde ich mich für eine 13mm Lagerbuchse (13x16x15) entscheiden - jetzt mein Problem: In Deutschland springen so alle Hersteller von 12 auf 14mm Innendurchmesser. Hat hier jemand eine Lösung oder heisse Quelle?

Zudem: Ich habe es bisher vermieden Niet oder Splintverbindungen zu lösen. Da komme ich wohl bei den letzten beiden Wellen nicht drum herum -- hat hier jemand Tips für die letzten Meter. Wo muss ich Markierungen setzten um beim Zusammenbau das wieder in der richtigen Position zu haben? Ruckelt sich das 1/4 Zahnrad wieder in die richtige Position oder ist Zähne zählen angesagt.

Gruß Jens


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
05.10.21 10:06
Ein Tipp such dir nen willigen Zerspahnungsbetrieb ( Dreherei ) der Spaß an solchen Arbeiten hat . Hauptwelle je nach Verschleißerscheinungen ggf. Aufschweißen und wieder passend drehen lassen . Das Lager eine Nummer kleiner besorgen sofern die Dreherei das nicht gleich komplett selber macht und sich bei der Passung auf der deren Erfahrung verlassen . 3/10 mm können schon zu viel Spiel sein . Je weniger Spiel die "Herzscheibe" hat desto Sicherer greift die Kiste die Platten ohne zu verklemmen . Du wirst wahrscheinlich sowieso eine Dreherei brauchen den auch die Rolle die in der Herzscheibe läuft darf nicht zu klein sein und nicht zu groß . Manchmal muss man das halt an die Scheibe je nach Verschleißgrad anpassen da reichen die verschiedenen Rollen die es so gibt doch nicht aus .
Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
05.10.21 18:51
Hallo Jens,

das Maß klingt für mich ziemlich stark nach 1/2 Zoll. Das richtige Maß kenne ich nicht, aber wahrscheinlich wird man es hier zumindest in der Liste finden können:
[www.bowman.co.uk]
Einen deutschen Vertrieb gäbe es theoretisch auch.
Deinen Maßen käme 0.5 x 0.6875 x 0.625 in. = 1/2 x 11/16 x 5/8 in. recht nah.

Grüße
Jens



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 05.10.21 19:52.
Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
05.10.21 20:03
Hallo Jens

Die Lager für die Hauptwelle kann man bei Victory Glass in den USA kaufen.
Allerdings müssen sie dann innen noch auf den Wellendurchmesser aufgerieben werden.

Ich habe diese Lager immer verbaut bzw. verbauen lassen, denn der hintere Rahmen dieser alten Wurlitzermechaniken hat, wenn die originale Lagerstelle eingelaufen ist, meist ein ovales Loch und die neue Lagerbuchse sollte ja im Zentrum der Originalbohrung sitzen, damit die Hauptwelle auch "gerade" in der Mechanik läuft.

Der hintere Rahmen muss für die neue Lagerbuchse also aufgefräst werden und zwar zentrisch zur alten, originalen Bohrung, die man wegen der ovalen Verformung durch das Einlaufen der Welle nicht mehr einfach so erkennen kann.
Das würde ich von einem Fachbetrieb machen lassen.

Christian Gredel lässt hier Kunststoffbuchsen einsetzen, soweit ich weiß.

Die Welle mit der herzförmigen Kurvenscheibe kann man "nach hinten" herausziehen, wenn man alles, was auf der Welle aufgeschoben und verstiftet ist, abnimmt. Alle Stifte sind konisch und man kann sie von der "dünneren Stiftseite" aus schon herausschlagen. Aber beim Herausschlagen der Stifte natürlich die Welle abstützen.

Auch die Hauptwelle läßt sich komplett aus dem Rahmen entnehmen.
Dazu muss auf der "Rückseite" der dicke Nocken entfernt werden ( konischer Stift ) und auf der Vorderseite die kleine Kurvenscheibe ( zwei Inbusschrauben ) abgenommen werden.

Gaaaaanz wichtig ist beim Wieder - Zusammenbau der herzförmigen Kurvenscheibe die korrekte Rolle zu spendieren, die auf der Innenseite der herzförmigen Scheibe entlang läuft.
Die originale Rolle ist meist zu klein ( = Spiel ) und man muss ein erstes oder zweites Übermaß verwenden ( gibt es bzw. gab es bei Victory Glass ).
Hier darf möglichst kein Spiel vorhanden sein, denn ein Spiel zwischen Rolle und Kurvenscheibe vergrößert sich über den Hebelarm, der die Platten sucht, ganz schnell so, dass die einzelnen Plattenringe nicht mehr exakt angefahren werden.

Angehängt drei Bilder, die hoffentlich erkennen lassen wo die konischen Stifte sitzen....

Servus aus Bayern
Axel


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
05.10.21 20:19
Hallo Jens

Nachtrag :

So wie Deine Mechanik, sehen alle alten Wurlitzermechaniken aus, wenn sie verdreckt sind.
Der braune Belag ist Dreck, altes Öl, Fett und Staub.
Das ist völlig normal nach 70 Jahren ....... nix Fettspritze ......

Angehängt noch zwei Bilder einer Wurlitzer Tablecountermechanik .... vorher und nachher ......
Das macht Arbeit und deshalb gehen auch bei einer anständigen Mechanikrestauration so viele Stunden ins Land.

Servus Axel


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
05.10.21 20:44
Hallo Swen, hallo Jens,

Danke für euren Input. Ich habe jetzt auch die letzten Wellen draussen und ein klareres Bild. Die Welle ist an der kritischen Stelle noch gut in Form, das weichere Material hat hier deutlich verloren. Das hintere Lagerloch ist Ei förmig, vorn sieht noch ganz gut aus.
Zudem habe ich mal das Internet etwas stärker durchforstet. Die Wellen sind natürlich in Zoll und das Soll Maß vermutlich wirklich 1/2 Zoll. Ich habe nach langem Suchen jetzt zwei Buchsen bestellt 12,7 und 13mm. Mal sehen was hier besser passt.

Das mit einer gewillten Dreherei ist hier so eine Sache - auf so einen Frickelkram haben die wenigen Kleinstunternehmer, die es noch gibt, selten Lust oder Preisvorstellungen, die mir fast die Sprache verschlägt. Beim Verchromen/ Vernickeln einer früheren Box habe ich bestimmt 10 Firmen anbetteln müssen und am Ende ein halbes Jahr warten müssen, bis der Meister "mal Zeit" hatte...

Gruß Jens
Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
06.10.21 18:43
Hallo Axel,

vielen Dank auch für deine Infos. Dein Beitrag war gestern beim Schreiben irgendwie noch nicht sichtbar.
Victory Glass ist natürlich auch noch eine Idee, ich hatte aber angenommen, dass es in deutschen Landen auch was in Standard Abmessungen in mm bzw. Zoll gibt.
Wie bekommst Du eigentlich die Teile alle wieder an die richtige Stelle - alles auf einem Haufen? Ich muss mir viele Fotos machen und alles in der Reihenfolge hinlegen, wie ich es demontiert habe. Zudem habe ich das Ganze in kleinere "Baugruppen" sortiert, die ich gaaanz schnell wieder zusammen baue. Selbst da muss ich oft Fotos bemühen um das wieder in die richtige Reihenfolge zu bekommen.
Beim Einsetzen der passenden Buchse muss ich also wieder auf Handwerker Betteltour gehen. In der Tat ist das Zentrum der aufgeriebenen Lagerbuchse nicht mehr gut erkennbar bzw. ist verschoben und ein Bohrer würde sich da sicher auch nicht gut zentrieren.

Ich hoffe, meine Mechanik blinkt dann auch so wie deine Werke - ist in der Tat richtig viel Arbeit und kostet neben viel Zeit jede Menge Waschbenzin, Breff und einige Rollen Küchenpapier.

Gruß jens
Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
07.10.21 12:53
Quote
Jens65
...
Wie bekommst Du eigentlich die Teile alle wieder an die richtige Stelle - alles auf einem Haufen? Ich muss mir viele Fotos machen und alles in der Reihenfolge hinlegen, wie ich es demontiert habe....

Ich glaube du könntest Axel nachts aus dem Tiefschlaf holen und er könnte dir trotzdem die korrekte Reihenfolge des Zusammenbaus aufsagen.

Man munkelt, dass er schon die eine oder andere Mechanik überholt hat... ;-)
Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
07.10.21 19:38
... also wie ein Uhrmacher, der jedes Zahnrad kennt und weis wo es hingehört. Dann habe ich ja eine Rückfallposition, wenn eine Schraube übrig ist ...
Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
08.10.21 06:12
Servus Jens,

Wie Axel geschrieben hat: Ja, wir verbauen Kunststoffbuchsen, die auch in den Hochgeschwindigkeitslagern der Achterbahnen vernaut werden. Diese sind wartungsfrei und benötigen keine Schmierung. Man muss also kein Ölloch für die Kupferölleitung nachträglich bohren. Ich „deaktiviere“ dieses bei mir, indem ich die entsprechende Leitung mit einem Lötpunkt verschließe und so verhindere, dass Öl auf die neuen Kunsstofflagerbuchsen kommen. Diese sind übrigens aus einem Metall-Kunststoffgemisch.
Mein Mechaniker hat sich eine Halterung gebaut, in diese dann der Rahmen gespannt wird. So trifft er immer exakt das „ehemalige“ Zentrum des Rahmenlagers.

Anbei Fotos von neu ausgebuchsten Rahmen. Die Rahmen wurden zur Lagersetzung nur grob gereinigt. Vor der Montage der Mechanik wurden diese natürlich ordentlich sauber gemacht.

Viele Grüße,
JukeboxChrisi tongue sticking out smiley

[www.juke-para.de]


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
09.10.21 17:45
Hallo Zusammen, hallo Chrisi,

heute ist die 13mm Buchse gekommen. Das Spiel ist mir tatsächlich etwas zu groß, auch wenn das Material sicher deutlich widerstandsfähiger ist als das Gussteil.
Ich denke die Buchse muss jetzt gar nicht Hochleistungs-Drehzahlen standhalten, die radialen Kräfte durch die Kurvenscheibe setzen dem Lager eher zu.

@ Chrisi: Das sieht natürlich perfekt aus. Wenn du hier die nötige Erfahrung hast, drängt sich glatt die Frage auf: Könntest Du mir die Buchse in den hinteren Rahmen einsetzen?

Gruß Jens
Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
01.11.21 19:12
Hallo nochmal,

ich habe mich jetzt zur Hauptwelle vorgearbeitet und warte noch auf die Lagerbuchse.
Alle Splinte bekomme ich nicht raus, möchte aber auch nicht zu viel drauf rumhämmern, damit die Welle keinen Schlag bekommt.
Beim großen Zahnrad bin ich jetzt am grübeln. Das wurde evtl. schon mal "geflickt" , denn es ist deutlich zu erkennen, dass ein Segment eingeklebt wurde. An einer anderen Stelle haben die Zähne schon etwas Karies und sind etwas angebröselt. Vermutlich würde mit genügend Schwung das Schneckenrad da noch gut drüber kommen aber ich habe eine Alternative aufgetan - ein Metallrad. Hat jemand Erfahrungen damit? Gibt es eine richtige Seite? Die Zähne scheinen leicht schräg zu sein. Hat das Gewebe Rad eine Schutz/ Opferfunktion, wenn die Mechanik mal klemmt und geräuschmäßig wird das Metallrad vermutlich sich auch etwas anders Verhalten.

Gruß Jens


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
01.11.21 21:18
Hallo Jens

Ich denke die Paarung Metallschneckenrad / Pertinaxzahnrad hat als Grund einen leisen Lauf der Zahnräder zu gewährleisten.
Ob Wurlitzer bei der Paarung auch an eine "Opferfunktion" gedacht haben, weiß ich nicht, aber vermutlich eher nicht, dann wenn die Mechanik ab Werk keine Toleranzen hatte, konnte sich die Mechanik auch nicht verklemmen und so evtl. zum Zahnausfall im Pertinaxzahnrad führen.

Wenn heutzutage eine Mechanik an bestimmten Stellen zu viel Spiel hat, dann ist Zahnausfall vorprogrammiert.
Deshalb hatte ich in meinem ersten Beitrag auch auf die Messingrolle hingewiesen, die in der herzförmigen Kulisse spazieren fährt. Ist hier zu viel Spiel, kann es vorkommen, dass die Positionierung im Plattenringstapel nicht exakt erfolgt, der Suchpin zwischen zwei Plattenringen stehenbleibt und dann versucht beide Plattenringe heraus zu schwenken.
Da dabei dann zwei Federn im Plattenringstapel gespannt werden müssen, werden die beiden Plattenringe nur zum Teil ausgefahren und der Plattenteller stößt von unten an die Ringe.
Das bringt die Mechanik zum Blockieren und entweder brennt die Hilfswicklung im Motor durch ( wenn die Pertinaxzähne "halten" ) oder das Schneckenrad fräst am großen Perinaxzahnrad einige Zähne ab ( und der Hauptmotor dreht weiter ).

Metallzahnräder an Stelle des originalen Pertinaxzahnrades habe ich bei meiner über 30 - jährigen Restaurationstätigkeit nur bei Boxen aus Mexiko gesehen.
Ich würde keinesfalls ein metallenes Zahnrad einbauen.
Das große Pertinaxzahnrad gibt es ( gab es ? ) bei Victory Glass in den USA ( fiber gear 5", wenn ich mich richtig erinnere ).

Du solltest Dir auch die Schnecke genau ansehen, die das große Pertinaxzahnrad antreibt, denn in "schlechten Mechaniken", d.h. in Mechaniken, die nie gut gepflegt und auch zu wenig geschmiert wurden, sind die Zahnflanken der Schnecke abgenutzt, spitz und messerscharf. Sollte das bei Deiner 1100er Mechanik so sein, dann wäre auch diese Schnecke zu tauschen.

Metallenes Schneckenrad und das Tellerrad aus Pertinax müssen von der Verzahnung her eine gute und kraftschlüssige Verbindung eingehen.
Hält man die Schnecke auf die Hohlverzahnung des Pertinaxzahnrades und hält beide Teile gegen das Licht, darf an den Zahnflanken kein Licht durchscheinen.

Angehängt ein Bild eines neuen Schneckenrades, welches an der Gewindeschnecke eine gewisse Zahnflankenbreite aufweist.
Diese Zahnflankenbreite nutzt sich bei jahrelang mangelnder Schmierung ( Boxen aus Mexiko oder sonstigen "Drittländern") so weit ab, dass die Zahnflanken wirklich dünn und messerscharf werden.
Das hier angehängte Bild zeigt die Mechanik einer W 850A, die aus Mexiko kam und völlig ausgelutscht war.
Mein Auftraggeber aus Nürnberg verkaufte die restaurierte Box irgendwann in die Nähe von Landshut und der dortige Sammler verkaufte sie ins Museum von Ron Seunig.

Viel Erfolg beim Zusammenbau ( und der Vermeidung von zu viel Spiel in Rollenlagern und Hebeleien ).
Servus Axel

PS : Nachtrag
Auch Mechaniken aus Mexiko kann man mit einem gewissen Mehraufwand wieder funktionstüchtig und "hübsch" bekommen .... ( drittes Bild )



3 mal bearbeitet. Zuletzt am 02.11.21 08:24.


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
03.11.21 19:58
Hallo Axel,

vielen Dank nochmal für deine Tipps.
Woher meine Ruine von Box stammt, weis ich leider auch nicht genau, aber einem Schildchen nach, welches ich gefunden habe, würde ich sich in die USA verorten.
Das Metallrad habe ich aus einer ebay Schlachtbox die aktuell gerade in Einzelteilen angeboten wird und die Euros dafür waren sehr übersichtlich.
Meine "Schnecke" sieht eigentlich noch ganz gut aus - denke ich. Ich habe mal versucht, den Zustand auf Fotos zu binden. Dem Pertinaxrad würde ich bei sauberer Passung auch noch zutrauen, die Kräfte weiter zu leiten. Da fehlt mir allerdings die Erfahrung ob ja, nein, vielleicht.
Die Kugel in der Herzscheibe kann vermutlich nur über das Spiel des Hebels bewertet werden - ohne läuft sie eigentlich auch fast spielfrei.

Gruß Jens


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
03.11.21 22:40
Hallo Jens

Ja, Deine Schnecke sieht nach meiner Meinung neuwertig aus. Da fehlt sicher nichts.
Die eine Schadstelle auf dem Pertinaxzahnrad könnte auch noch halten, aber Du solltest für eine gute Passung zwischen Schneckenrad und Pertinaxzahnrad sorgen.
In originalen Mechaniken waren werkseitig sog. Shims aus Messing untergelegt.
Diese findet man manchmal unter dem Schneckenradträger, damit der Schneckenradträger näher zum Pertinaxzahnrad kommt ( Spiel wird geringer ) oder auch manchmal unter einem oder beiden Rahmenbefestigungs"ohren" ( die mit Schrauben mit 11er Schlüsselweite am Hauptrahmen fixiert werden ). Letzteres hebt ja die seitlichen Rahmenteile etwas an, damit mehr Spiel zwischen Schnecke und Pertinaxrad entsteht.

Wenn ich eine Mechanik wieder montiere und das hintere Hauptlager neu ausgebuchst wurde, was bei mir bisher immer nötig war, dann muss man dem Spiel zwischen Schneckenrad und Pertinaxzahnrad etwas mehr Aufmerksamkeit schenken, denn man sieht der hinteren Hauptlagerbuchse nicht an, wie genau sie sich am konstruktiv vorgesehenen Ort befindet.
Und die Position dieser hinteren Hauptlagerbuchse definiert ja auch das Spiel zwischen Schneckenrad und Pertinaxzahnrad.

Ich arbeite als Shims auch mit Stärken von normalem Schreibpapier ( Stärke ca. 0,1 mm ), welches ich leicht einöle und dann unter den Schneckenradlagerbock oder eben auch unter die Befestigungohren der beiden seitlichen Gitterrahmen lege ( meist unter den Schneckenradlagerbock ).

Die Passung zwischen Schneckenrad und Pertinaxzahnrad sollte wirklich möglichst spielfrei sein, aber das Schneckenrad muss sich durch Drehen an der Welle leicht über das Perinaxzahnrad hinwegdrehen lassen. Es darf nirgends schergängig sein.

Ich vermute mal, dass Du beim händischen Drehen am Schaft Deines Schneckenantriebes merken wirst, wenn das Schneckenrad über den reparierten Teil Deines Pertinaxzahnrades hinwegläuft. Die Zähne auf dem eingesetzten Teil Deines Pertinaxzahnrades sehen nämlich noch weniger abgenutzt aus, als die restlichen Zähne.

Es könnte auch später im Betrieb der 1100 sein, dass man die Reparaturstelle auf Deinem Pertinaxzahnrad akustisch hört, weil dort die Schnecke evtl. weniger Spiel wegen der weniger abgenutzten Zähne hat.

Ich bin gespannt und Du wirst ja vermutlich berichten .....

Ich habe ein Bild angehängt, auf dem im unteren rechten Quadranten des Bildes die beiden von Wurlitzer verwendeten Shims aus Messing zu sehen sind. Das größer Messing - Shim gehört unter den Schneckenradlagerbock, das kleiner Messing - Shim unter ein Befestigungsohr eines Rahmenteiles.
Wenn die hintere Hauptlagerbuchse präzise gesetzt wurde, kann es auch sein, dass die originalen "dicken" Messing - Shims gar nicht mehr benötigt werden und nur ein "Papier - Shim" ausreicht.
Man muss sich an den Optimalfall herantasten .....

Wenn man so eine alte Wurlitzermechanik gewissenhaft in Stand setzt, dann kann man die Jukebox später auch "ohne Aufsicht" und ohne "Hand am Hauptschalter" bedenkenlos laufen lassen und hat jahrelang keine Probleme mehr.

Servus Axel


PS :
Jene Messingrolle in der herzförmigen Scheibe darf kein Spiel aufweisen, darf aber natürlich auch nicht an irgendeiner Stelle in der herzförmigen Kulisse klemmen. Die originale Standardgröße jener Messingrolle konnte ich aber noch in keiner von mir restaurierten Mechaniken weiter verwenden. In fast allen Restaurationsfällen musste ich die erste Übergröße einsetzen, gelegentlich auch die zweite Übergröße.
Am Ende des Hebelarmes, der durch die Rolle und die herzförmige Kulisse auf und ab bewegt wird, sitzt noch ein Lagerblock, der seinerseits an der unteren Verlängerung der Metallstange des Plattenstapels auf und ab gleitet.
Auch dieser Lagerblock darf kaum Spiel aufweisen ....

Die Positionierung des rollengeführten Hebelarmes wird letztendlich durch den Eingriff des sog "Dogbone" in das Sternrad definiert. Auch hier muss der Dogbone ( oft abgenutzt ) zu den Schlitzen im Sternrad "passen".
Es gibt Repros vom Dogbone und auch Repros vom Sternrad, die aber nicht zueinander passen ( Dogbone zu dick / Sternradschlitz zu eng ).
Die ganze Hebelei muss in der Auf- und Abbewegungen am Plattenstapel weniger Spiel aufweisen, als ein Plattenring dick ist.
Anderenfalls ist Ärger vorprogrammiert und wird auch irgendwann auftreten.



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 04.11.21 08:01.


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
08.11.21 19:17
Hallo Zusammen, hallo Axel,

dann berichte ich mal weiter.

Die Buchse sitzt und die Welle hat keinerlei spürbares Spiel. Ich habe mir den Bettelgang bei den Mechanikern der Umgebung gespart und "Selbst ist der Mann" praktiziert. Da das Loch noch einigermassen zentriert war, habe ich über sogenannte "Reibahle" recht brauchbare und vor allem runde Runde Löcher mit meiner Ständerbohrmaschine hinbekommen. Der Test an einem Probestück aus Alu ist aber gründlich schiefgegangen. Der normale Spiralbohrer machte dreieckige Löcher und zieht den Bohrer so was von ins Material --- ist wirklich gefährlich. Die "Reibahle" mit den vielen Schneiden und ohne Steigung waren da viel geschmeidiger. Die Buchse im Gefrierschrank und schnell eingepresst - steckt bombenfest.
Inzwischen bin ich beim Zusammenbau. Auch wenn Du Axel, das mit verbundenen Augen zusammen bekommst, so bin ich froh über meine vielen Fotos. Erstaunlich, wie viele mögliche Positionen einem beim Einbauen noch so unterkommen.
Der Hebelarm, der über die Rille in der Herzscheibe läuft, hat am langen Ende max. 1-2mm Spiel. Ich hoffe das passt noch als Toleranz.
Bei der Torsionsfeder habe ich nur 5 Umdrehungen geschafft, in der Anleitung stehen 6 -- Problem?

Was gibt es beim Zusammenbau noch zu beachten? Wo stecken die Tücken? Was kann man leicht verkehrt herum montieren?
Vieles erschließt sich ja Gott sei Dank beim Nachvollziehen der Funktion.

Gruß Jens


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
08.11.21 22:49
Hallo Jens

Ich kann zwar so eine Mechanik ( noch ) nicht mit verbundenen Augen montieren und einstellen, aber ich würde schon behaupten, dass ich von jeder Schraube weiß, wo sie hingehört und dass ich alles ohne Bilder zusammenbekomme.
Aber ich denke, ich habe auch bestimmt schon zwischen 15 und 20 Wurlitzermechaniken aus den Jahren 1935 ( W 35 ) bis 1949 ( W 1080 ) komplett restauriert


Wie ich auf dem zweiten Bild sehe, hast Du nicht damit begonnen einen der beiden "Hilfsrahmen" ( ich beginne immer mit dem hinteren, in den Du die Buchse gesetzt hast ) auf dem großen Hauptrahmen zu befestigen.
Ich denke, Du könntest, so wie Du jetzt den Zusammenbau begonnen hast, evtl. Schwierigkeiten bekommen die Ölleitung für das hintere, neue Lager einzubauen. Hast Du Deiner neuen Buchse ( welches Material ? Ich verwende Lager aus Sinterbronze wegen der guten Schmierfähigkeit ) eine Ölbohrung spendiert, damit die hintere Ölleitung auch ihren Dienst erledigen kann ?

Meiner Ansicht nach solltest Du als Nächstes Deine bereits vormontierte Mechanik auf den Hauptrahmen schrauben.
Dabei musst Du den Schneckenradträger "einfädeln", denn unter dem läuft die Welle mit der Torsionsfeder durch.


Die 5 Umdrehungen der Torsionsfeder können evtl. schon eine Umdrehung zu wenig sein.
Die "Steifigkeit" der Torsionsfeder stellt sicher, dass der Suchvorgang ( Hebelarm hinter dem Selector sucht nach gesetzten Selectorpins ) korrekt ausgeführt wird. Falls Du da ein "Problem" beim Test bekommen solltest, kann das noch näher beleuchtet werden.

Andererseits darf sie nicht so stark vorgespannt sein, dass sie nicht noch etwas mehr als eine volle Umdrehung "Luft" hat, bevor sie komplett "auf Blockung" aufgezogen ist.
Die Torsionsfeder kann man auch nur um 180° weiter oder weniger vorspannen, indem man den Sicherungssplint um 180° verdreht durch diese Welle treibt.


Wie hast Du das "tortenstückähnliche" Zahnsegment eingestellt ?
Dieses hat an seinem Drehpunkt ja eine spezielle Exzentermutter ( ich glaube Schlüsselweite 14 ), die richtig eingestellt und mit einer 11er Schraube festgezogen werden muss. Das Zahnsegment sollte mit wenig Spiel jenes Messingzahnrad drehen können und das Zahnsegment alle Zähne für seinen Hub ( über einen einstellbaren Rollenhebel ) nutzen können.
Jene Rolle am verkupferten Hebel sollte keine "flache" Stelle aufweisen ( ansonsten ist sie zu ersetzen ), sich also wirklich auf dem zugehörigen Nocken abrollen. Dazu muss die Rolle im Inneren sauber und geölt sein.
Auf der Oberfläche dieser Rolle und auf der Lauffläche des Nockens gehört kein Fett oder Öl, denn sonst rollt die Rolle nicht, sondern rutscht über den Nocken und bekommt früher oder später dann besagte "flache" Stelle.
Der Hebel mit jener Rolle ist für den Hub des Zahnsegmentes verantwortlich und dessen Hub über das drehende Messingzahnrad für den korrekten Suchvorgang an den Selectorpins ( fast eine 360° Drehung ).


Zum Spiel von 1 - 2 mm am Hebelarm, der von der herzförmigen Scheibe und der darin laufenden Rolle auf und ab bewegt wird, gebe ich zu bedenken, dass am Ende jenes Hebels ja auch noch ein Lagerblock geführt wird, der auf der Stange unterhalb des Plattenstapels auf und ab bewegt wird.
Diese Lagerblöcke habe ich auch noch nie wirklich spielfrei vorgefunden, weder dort, wo sie der Hebelarm über eine kleine Messingrolle bewegt, noch wo der Lagerblock diese Bewegung auf die auf und abwärts fahrende Stange hinter dem Plattenstapel weitergibt.
Bei Deinen 1 - 2 mm Spiel wird es also vermutlich nicht bleiben ...... und die Plattenringe haben auch nur eine Stärke von vielleicht 5 - 6 mm.
Das Gesamtspiel am Suchpin hinter dem Plattenstapel sollte nicht die komplette Dicke eines Plattenringes betragen. Das wäre meiner Ansicht nach zu knapp und könnte "ins Auge gehen".

Und ..... das Gesamtspiel wird auch noch von der Paarung eines genau zu den Sternradschlitzen passenden Dogbone bestimmt.
Das kann der buchstäbliche Anfang aller sich addierender Spiele in diesem Hebelwerk sein.
Nach McMurphy addieren sich Lagerspiele immer .........

Ich bin gespannt wie es bei Dir weitergeht !

Viel Erfolg und Durchhaltevermögen.
Axel



4 mal bearbeitet. Zuletzt am 09.11.21 08:01.


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
11.11.21 19:23
Hallo Zusammen, hallo Axel,

so langsam kommt das Puzzle wieder zusammen.

Ich habe entgegen deinem Rat die Hilfsrahmen noch nicht auf dem Hauptrahmen geschraubt. Zum einen habe ich nicht ganz so viel Platz auf dem Werktisch (ist schon sperrig das Teil) und ich habe mir beim Auseinanderbauen alles genau aufgeschrieben und fotografiert - den Film wollte ich jetzt rückwärts nachstellen.
Die hintere Lagerbuchse hat natürlich die alte Ölpipeline wieder gelegt bekommen. Die Buchse ist aus dem Fahrradhandel, da wird z.T. auch auf Zollbasis gearbeitet. Ist aus einem Kohlenstoffstahl hergestellt mit Beschichtung und soll vor allem radialen Kräften gut standhalten.
Wie auf den Bildern zu sehen ist, komme ich vorwärts und habe schon mal probeweise die Mechanik einen kompletten Zyklus mit der Hand durchgedreht.
An einem Punkt bin ich unsicher bzw. es kommt mir komisch vor: Die Ablaufrolle (mit Bleistift gekennzeichnet) stößt an das Rad mit dem Bremsband an. Da ist keine Luft mehr und ich habe das Gefühl dass hier der Ablauf ins Stocken kommt bzw. schwergängig wird.
Zudem verstehe die Einstellung der Schraube (ebenfalls Bleistift) nicht so ganz. In der Anleitung steht was von der Einstellung eines 23/24 Ablauf drin - Segment gear travel adjustment. Worauf muss ich hier achten?

Gruß Jens


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
12.11.21 09:13
Hallo Jens

Deine Mechanik sieht wieder richtig hübsch aus !
Ich finde es immer faszinierend, wenn so ein technisches Gebilde pikobello sauber ist und auch wieder seinen Dienst aufnimmt, den sich Konstrukteure vor 80 Jahren mal ausgedacht haben.
Bei unserer heute verwendeten Technik wird das in 80 Jahren nicht mehr gelingen .....


Wie weit die Rolle auf Deinem Bild 2 sich vom Bremsband entfernt auf dem Nocken bewegt, kann ich aus dem Gedächtnis gar nicht sagen, aber wirklich berühren sollten sie sich vermutlich nicht.
Ich werde mal einen Blick in eine meiner Maschinen werfen und berichten.


Die von Dir gezeigte, gekonterte Einstellschraube am Rollenhebel ( Dein Bild 3 ) dient dazu den maximalen Hub des Zahnsegmentes einzustellen. Wegen des kurzen Rollenhebels und der Position der Einstellschraube sehr nahe am Drehpunkt, hat diese Einstellschraube "eine große Wirkung". D.h. eine Viertelumdrehung jener Schraube wirkt sich schon deutlich auf den Hub des Zahnsegmentes aus.
Das Zahnsegment seinerseits dreht ja die kleine Messingrolle auf der Welle der herzförmigen Scheibe.
Am anderen Ende dieser Welle befindet sich der Sucharm, der die evtl. gesetzten Selectorpins suchen und finden soll.


Stelle Dir folgende Situation vor ....

Fall 1:
Die zuletzt gespielte Platte war z.B. die #4 und danach blieb die Mechanik stehen, weil es die letzte gedrückte Platte war.
Der nächste Kunde an der Jukebox beachtet ja nicht, wo die Mechanik zuletzt stehen geblieben ist.
Und er möchte wieder die #3 hören .....
Der Sucharm steht aber nach dem Spielen und Löschen des Pin #4 direkt am Pin # 4. Das bedeutet, dass der Sucharm fast eine komplette 360° Drehung ausführen muss um den in Drehrichtung gesehen, den davorliegenden Pin #3 überhaupt erreichen zu können.
Da die Wurlitzer 24 Selectorpins besitzt, muss der Sucharm eine 23/ 24 stel Umdrehung ausführen.

Das funktioniert aber nur, wenn die Torsionsfeder genügend Vorspannung besitzt ( 6 Umdrehungen oder 6,5 Umdrehungen .... 5 Umdrehungen könnten zu wenig sein, vermute ich mal ), also "steif" genug ist und das Zahnsegment ( Segmentgear ) seinen maximal möglichen Hub auch auf das kleine Messingzahnrad überträgt, so dass sich dieses weit genug dreht.


Der oben beschriebene Fall ist der eine "Grenzfall" .... es gibt einen weiteren ....

Fall 2 :
Wenn die Jukebox Pin #4 zuletzt gespielt hat und dort dann stehen geblieben ist, dann könnte ja ein weiterer Kunde auf die Idee kommen die #5 hören zu wollen.
Das bedeutet, dass der Sucharm hinter den Selectorpins nur ein paar Winkelgrade zurücklegen muss , bevor er an den gesetzten Pin #5 anstößt.
Die Mechanik durchläuft aber auch in diesem Fall ihren vorgegeben Zyklus und der Rollenhebel hebt das Zahnsegment und dieses dreht das kleine Messingrad. Die Welle mit dem Sucharm am Ende kann sich aber gar nicht weit drehen, denn Pin #5 liegt ja gleich neben #4 ( in Drehrichtung gesehen ).
Den Hub des Zahnsegmentes und die Drehung des kleinen Messingzahnrades muss in diesem Fall die Torsionsfeder aufnehmen. Die Torsionsfeder wird in diesem Fall noch fast um eine ganze zusätzliche Umdrehung aufgezogen.
Die Torsionsfeder darf in diesem Fall nicht "auf Blockung" gehen ( weiter oben im Beitrag schon mal erwähnt ), denn dann blockiert die ganze Mechanik ..... mit bekannten Folgen für das große Pertinaxzahnrad oder die Hilfswicklung im Hauptmotor.


Anmerkung :
Nachdem mir beim Mechanikzusammenbau mal der abgewinkelte Fortsatz der Torsionsfeder beim Versuch sie händisch auf die notwenigen 6 bis 6,5 Umdrehungen aufzuziehen meine Daumenkuppe mit Daumennagel komplett durchschlagen hatte und ich mit dieser Hand buchstäblich in der Mechanik festhing ( mit der zweiten Hand angelte ich mir damals eine Kombizange, mit der ich die Torsionsfeder, die ja unter Spannung stand, aus meiner Daumenkuppe ziehen konnte ..... war gar nicht lustig und tat etwas zeitversetzt durch den Schock, auch saumäßig weh ), habe ich diese Torsionsfeder nie wieder direkt angefasst.
Es gibt eine indirekte Aufzugsmöglichkeit für diese Torsionsfeder, bei der man die Feder selbst nicht mal berühren muss ..... aber das mit Worten zu beschreiben, ist ein eigener kleiner Beitrag,

Also Jens, versuche bitte nicht Deine Torsionsfeder, die jetzt 5 Umdrehungen Vorspannung hat, mit der Hand auszuhängen und sie eine weitere Umdrehung aufzuziehen und sie wieder einzuhängen.
Das ist wirklich gefährlich......

Servus Axel



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 12.11.21 18:30.
Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
14.11.21 19:30
Hallo Jens

Ich denke nicht, dass der Rollenhebel in Deiner 1100er Mechanik dem Bremsband zu nahe kommt und dadurch "hier der Ablauf ins Stocken kommt".
Vielmehr glaube ich, dass Du etwas zu wenig Spiel zwischen dem Zahnsegment und dem kleinen Messingzahnrad hast.

Meiner Beobachtung in verschiedensten Wurlitzermechaniken nach, kann es vorkommen, dass das Zahnsegment im unteren Bereich des Hubs leichtgängig ist, aber am oberen Ende des Hubvorganges sich schwerer bewegt, weil es dem kleinen Messingzahnrad in dieser Bewegungsphase zu nahe kommt.

Drehe doch mal die exzentrische Mutter am Zahnsegment so, dass etwas mehr Spiel entsteht.
Eine Drehung um wenige Winkelgrade genügen hier.

Zum Testen ob und wann evtl. eine Schwergängigkeit vorliegt, empfiehlt es sich die Rückzugsfeder am Zahnsegment auszuhängen und den Hubvorgang durch langsames, händisches "nach-oben-Drücken" des Zahnsegmentes durchzuführen.
So spürt man sofort, ob und wann etwas schwergängig sein sollte.

Servus Axel
Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
15.11.21 11:37
Hallo Zusammen, hallo Axel,

vielen Dank für die umfangreichen Infos!

- Es freut mich natürlich, wenn Du den optischen Zustand der Mechanik nach der "Behandlung" als gelungen kennzeichnest. In der Tat bin auch auch erstaunt, was aus so einem vollkommen versifften, verbogenen und angerosteten Haufen wieder entstehen kann. Ich denke aber auch, dass das nur mit einem konsequenten zerlegen, reinigen, richten und justieren zu machen ist. Bis auf 3 Splinte habe ich aber auch wirklich ALLES zerlegt gehabt. Bei vielen Baugruppen lässt sich aber auch so die Funktion dann besser nachvollziehen und verstehen.

- Segment Rad: Hier habe ich in der Tat schon beim groben einstellen festgestellt, dass das Spiel in Verbindung mit dem Messing Zahnrad auch stark von der Stellung des Segment Rades abhängt. In der Position "oben" hat es mir schon deutlich zu viel Spiel, klemmt sich aber "unten" bereits fast fest. Das wird dann auch die schwergängige Stelle sein, bei der auch die Ablaufrolle auch noch das Bremsband berührt. Frage: Warum liegt eigentlich das Metallband auf dem Rad auf und nicht der Filz? In meinem mechanischen Grundverständnis müsste doch der Filz das Bremsen bewerkstelligen. Der Nutzen des Filzes erschließt sich mir hier nicht, außer, dass er viel Öl aufsaugen kann.

- Einstell-/ Justierschraube Segmentrad: Auch hier vielen Dank für die Erklärung. Wenn ich das für mich richtig übersetze, muss ich also mal die 2 Grenzszenarien durchspielen - nächster Titel bzw. +23 und dann schauen ob der Hub (min/ max) erreicht wird. Das werde ich prüfen, wenn der Stellhebel den Plattenstapel hoch und runter fahren kann, aktuell schwebt er ja noch ohne Führung im Raum. Ich denke, dann werde ich das besser sehen können und hoffentlich dennoch an die Schraube und Kontermutter rankommen.

- Torsionsfeder: Ich meine, den gelochten Daumen schon mal in einem Post gelesen zu haben. Daher war ich gewarnt. Was recht gut geht, ist den Sicherungssplint des "gebremsten Rades" zu entfernen und das Rad dabei fest zu halten. So habe ich die 6. Umdrehung ohne körperlichen Schäden noch gut drauf bekommen. Wichtig ist dabei nur das Rad auch etwas nach hinten zu drücken, damit die Sperrklinke nicht aushakt. Das ist sonst ein Gefummel unter Spannung die wieder eingehakt zu bekommen - hat mich Zeit gekostet.

Inzwischen sitzt die Mechanik wieder auf dem Rahmen. Unter den Lagerbock der Schneckenräder musste ich ein dünnes Blech unterlegen, sonst hätte das Schneckenrad und das große Zahnrad zu viel Spiel gehabt. Jetzt greift die Schnecke wieder ohne Spiel. Leider hat die Schneckenrad Welle ein ganz leichtes Höhenspiel, so dass an einigen Stellen ein leichtes kratzen zu hören ist, aber ich denke das ist verschmerzbar - der Kraftaufwand ist da minimal höher.

Soweit von meiner Baustelle. Ich werde weiter alles montieren und dann die Feineinstellungen vornehme. Mal sehen ob ich dieses Metallkonstrukt zum laufen bekommen, denn: Die Wahrheit is auf´n Platz.

Gruß jens



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 15.11.21 19:34.
Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
15.11.21 19:31
... einen habe ich noch.

Ich habe bereits vor einiger Zeit den Motor gemacht. Der sah wie alles übel aus. Ich habe ihn dennoch wieder hinbekommen, denke ich.
In der Zuleitung war eine Sicherung eingebaut. Ich denke, die hat dem Motor das elektrische Leben gerettet. Ohne Last zieht der Motor jetzt ca. 900mA. Den Anlaufstrom, bevor der Fliehkraftregler öffnet, kann ich nicht genau messen, das geht zu schnell. Was wäre denn ein guter Wert für diese Sicherung - Träge als Charakteristik ist, denke ich gesetzt. Schütze ich mit 2A (das doppelte vom "Normalstrom" 1A) die Anlaufwicklung noch genügend?

Gruß Jens


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
15.11.21 19:39
Hallo Jens

War Dir beim Zusammenbau gar nicht aufgefallen, dass die "große Mutter" am Zahnsegment exzentrisch gefertigt ist ?
Über diese Exzentrizität kann man eben das Spiel zwischen Zahnsegment - Zähnen und den Zähnen des kleinen Messingzahnrades einstellen. Festziehen nach dem Einstellen nicht vergessen ...... ja man kommt auch bei zusammengebauter Mechanik mit Werkzeug dorthin, wenn auch nicht wirklich komfortabel.
Ist die Mechanik in einer Box eingebaut ist die Einstellerei überhaupt kein Vergnügen bis fast unmöglich.

Zum Testen jener 23 / 24 stel Umdrehung sollte alles zusammengebaut sein, denn alles was der lange Hebel, der von der herzförmigen Scheibe auf - und abbewegt wird, also auch die "Suchstange" hinter dem Plattenstapel, muss ja angetrieben werden ( vom Hub des Zahnsegmentes ) und erfordert einen gewissen Kraftaufwand, den die vorgespannte Torsionsfeder dann auf den Sucharm hinter dem Selector durch ihre "Steifigkeit" überträgt.

Das sog. "Bremsband" ist im Grunde nur dazu da, einen ruhigen und gleichmäßigen Suchlauf in Auf- und Abwärtsbewegung sicher zu stellen. Das eigentliche Bremsband ist ja ein dünnes Messingband, welches sich nicht durchscheuern soll, sondern über den Filz mit Öl versorgt wird.


Kleiner Exkurs zu den ganz frühen Wurlitzermechaniken :

Frühe Wurlitzermechaniken ( im Bild Teile der Mechanik einer Wurlitzer 35 aus dem Jahr 1935 ..... die Wurlitzer Jukebox, für die ein Sammler auf einer Auktion in den USA vor gut 12 Jahren tatsächlich $ 88.000 hingeblättert hat .... es sind nur zwei Geräte weltweit überhaupt bekannt .....) besaßen keine "herzförmige Scheibe", sondern eine Art exzentrischen Nocken, der einen langsamen Suchlauf in Aufwärtsrichtung ( Nockenbereich mit langer Steigung ), aber einen schnellen Suchlauf in Abwärtsrichtung ( Nockenbereich mit kurzer Steigung ) zur Folge hatte.
Diese Welle mit dem Sternrad ( nur 12 Selections ) am einen Ende und dem Selectorsucharm am anderen Ende besaß keine Torsionsfeder !
Die Abwärtsbewegung war im Grunde ein "Fallen" im senkrechten Teil des Nockens ( siehe angehängtes Bild ).
Dass am Ende des Abwärtssuchens keine "harte Bremsung" am unteren Punkt und ein hartes metallisches Geräusch entstand, besaßen diese Mechaniken einen kleinen Luftdämpfer ( Prinzip wie eine Fahrradluftpumpe ), der die schnelle Abwärtsbewegung kurz vor dem Ende abbremste ( ungefähr in Bildmitte zu sehen ).

Man kann schon an der Optik der Mechanikteile auf dem Bild deutlich erkennen, dass Wurlitzer die frühen Mechaniken in ihrer Funktion deutlich weiterentwickelt hat, auch wenn sich am Prinzip eine Schallplatte abzuspielen nicht viel geändert hat.

Grüße Axel


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
16.11.21 08:53
Hallo Jens

Zu Deiner Frage, ob eine träge 2A Sicherung in der Motorleitung bei einer Mechanikblockade das Durchbrennen der Hilfswicklung sicher verhindern kann / wird, kann ich nicht abschätzen.

Ich weiß nur, dass bei einer Blockade der Mechanik die Hilfswicklung innerhalb von wenigen Sekunden in Rauch aufgeht.
Ein Freund von mir hat wegen des Baus eines geeigneten Frequenzwandlers in den 90er Jahren mal mit einem Speicheroszilloskop ( war damals noch was Besonderes .... ) den Stromverbrauch eines Wurlitzermotors beim Anlauf über die Hilfswicklung aufgezeichnet und mit der Hilfswicklung flossen sehr kurzfristig ( wenn ich mich richtig erinnere, für weniger als 1 Sek. ) gute 10 Ampere.

Ob diese kurzfristige Stromspitze eine träge 2A Sicherung im Normalbetrieb nicht auslöst, aber im Blockadefall der Mechanik dann doch innerhalb von vielleicht 5 Sek. auslöst, kann ich nicht abschätzen.

Vielleicht könnte man das mit dem "Opfern" von einige 2A Sicherungen zeitlich testen und eingrenzen.

Mein Freund, der die Frequenzwandler früher baute, hatte in seinen Wandlern eine elektronische Sicherung vorgesehen, die nach 3 bis 4 Sek. bei einem zeitlich aufintegrierten Strom von, ich glaube 3 Ampere, den Wandler automatisch in Störung gehen ließ.

Ich besitze ja selbst einige 40er Jahre Wurlitzer und habe auch schon einige für andere Leute restauriert und es ist in gut 30 Jahren nur bei einem Kunden ein einziges Mal ein Motor abgeraucht.
Wenn so eine Mechanik gewissenhaft restauriert wurde, dann läuft sie auch wieder ohne Fehler.

Das wichtigste ist dabei, dass auf jeden Fall die Suchmechanik ( herzförmige Scheibe usw. ) weniger als eine Plattenringdicke Spiel hat. Versucht die Mechanik wegen zu viel Spiel und deshalb ungenauer Positionierung zwei Plattenringen aus dem Plattenstapel zu drücken, tritt der Supergau irgendwann auf.

Servus aus Bayern
Axel
Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
17.11.21 19:25
Hallo Axel,

... ich hatte immer gedacht, die W850 ist die teuerste Box der Welt, aber 88.000 für eine frühe Wurlitzer ist dann noch mal eine andere Dimension.
Zu meinem Schätzchen: ich habe jetzt fast alles angebaut und auch das Mechanik Brett auf einem Gestell aufgesetzt. Statt dem Motor habe ich einen Akkuschrauber mit niedrigem Drehmoment an der Hardyscheibe.
Vieles ist eingestellt/justiert und ein Zyklus läuft auch weitgehend ordentlich durch. Ein paar Sachen sind aber noch nicht in Ordnung.

- die Auswahl setzt auch schon ein, wenn der Sucherhebel noch auf gar keinen Pin aufgelaufen ist. Dann wird einfach eine Platte vor dem gesetzten Pin herausgeschwenkt. Ist der gesetzte Pin nicht weit von der Start Sucherposition entfernt, dann passt der Ablauf. Sucher läuft auf und setzt die Plattenfreigabe in Gang.

- der maximale Hub der Hubstange reicht noch nicht aus. Je nach Höheneinstellung der Hubstange, erreiche ich entweder den obersten oder untersten Plattenring nicht. Beide in einer Einstellung passt nicht. Einer von beiden wird nicht erreicht.

- der Ausdrücknocken an der Hubstange bekommt immer noch einen kleinen Hub nach oben, wenn der "Sperrhebel" in das Sternrad eingreift. Dann kann es in der Tat passieren, dass 2 Ringe erwischt werden. Den kleinen Hub kann ich natürlich in der Voreinstellung ausgleichen, dann seht jedoch die Ausdrücknocke beim Auflaufen zwischen zwei Ringen. Normal so?

Vielleicht hast du hier Tipps für mich.

Gruß Jens
Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
18.11.21 00:21
Hallo Jens

"Normalerweise" war immer die Wurlitzer 950 das teuerste Modell von den Schellack - Wurlitzern ( ungefähr doppelt so teuer, wie eine W 850 ( eine W 850A ist aber noch wertvoller, als eine W 850 ..... ) bis eben 2008, glaube ich, aus einem Sammlernachlass jene Wurlitzer 35 auftauchte ( damals war das die einzig bekannte W 35 weltweit ). Diese wurde zusammen mit der restlichen, riesigen Sammlung jenes verstorbenen Sammlers über ein Auktionshaus in den USA versteigert.
Ein paar Jahre später tauchte dann, ebenfalls in den USA, eine zweite W 35 auf.
Was aus dieser geworden ist, weiß ich allerdings nicht.


Zu Deiner 1100 :

Dein 1. "Fehler" :
Wie ich hier und / oder schon mal in einem anderen Beitrag beschrieben habe, sollte die Wurlitzermechanik ( kein Selector / kein Pin abzufragen / einfach die Mechanik "vor sich hin laufen lassen" ) eine Platte nach der anderen rückwärts zählend abspielen : also nach der 24, die 23, dann die 22, dann die 21 usw.
Wenn die Mechanik das tut, vollzieht der Sucharm ( hinter dem Selector ) eben jene 23/24stel Umdrehung.
Deine Mechanik scheint das nicht zu schaffen ....
1. Grund : 5 Umdrehungen Vorspannung an der Torsionsfeder reichen nicht ....
plus evtl. 2. Grund : der Hub des Zahnsegmentes reicht nicht um den Sucharm 23/24stel eines Vollkreises zu drehen

Dein 2. Fehler :
Du hast zu viel Spiel in der ganzen Hebelarmmechanik.
das beginnt mit
- Spiel des Dogbone im Schlitz des Sternrades
- Spiel der Messingrolle in der herzförmigen Scheibe
- Spiel im Lagerblock, der am Ende des Hebelarmes sitzt
- Spiel am Lagerblock, in der die Suchstange mit Splint fixiert ist
Wenn der obere und / oder der untere Umkehrpunkt des Suchvorganges hinter dem Plattenstapel nicht erreicht wird und sich eben auch nicht durch Nachjustierung erreichen lässt, dann hat diese Hebelmechanik einfach zu viel Spiel .....

Dein 3. Fehler :
Grundsätzlich siehe Nr. 2 .....
Es ist richtig, dass die Zacken des Sternrades nicht symmetrisch sind, sondern eine Flanke leicht ansteigend ist.
Dies führt dazu, dass die Position des Suchhebels scheinbar kurz vor dem Herausschwenken eine Plattenringes nochmal "korrigiert" wird.
Der Suchhebel hinter dem Plattenmagazin muss so eingestellt werden, dass ganz sicher nur ein Plattenring herausgeschenkt wird. Ist das nicht möglich, dann siehe 2. Fehler.

( Anmerkung : diese Flanke am Sternrad stammt aus Zeiten, als diese Laufwerke noch mechanisch die Tastatur ( der elektrischer Selector war noch nicht "erfunden" / bis zur mechanisch wählenden W 750 ) abfragten und die gesetzte Taste nach dem Finden auch mechanisch zurück gesetzt werden musste. Das kann man mit Worten nur schwer beschreiben, was da in den Wurlitzermaschinen vor 1941 genau abläuft ).

Grüße Axel



1 mal bearbeitet. Zuletzt am 18.11.21 00:26.


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
21.11.21 20:38
Hallo Axel,

auch dieses mal besten Dank für deine Infos.

Also, mir gefällt die W850 deutlich besser als die W950. Vermutlich geht es irgendwann auch nicht mehr um das Aussehen, sondern nur noch um Rarität. Der Lautsprecher der W850 ebenfalls eine optische Augenweide. Den habe ich noch nirgends im Verkauf gesehen. Ich denke, da würde ich auch ohne Box schwach werden ...

Zu meiner 1100: Das Hauptthema ist gelöst --> das sporadischen Ausführen von nicht gesetzten Wahlen. Das Viertelrad hatte sich oft in der "aufgedrehten" Stellung blockiert. Die Kraft der Rückholefeder hat nicht ausgerecht, das Segment Gear wieder zurück zu holen. Ich habe die Exenterbuchse noch ein wenig auf frei gestellt, einen Tropfen Öl dran und jetzt jetzt läuft es nach dem Ausschwenken zuverlässig zurück. Das war ein mächtiges Gefummel, denn an die Feststellschraube der Exenterbuchse ist bei zusammen gebauter Mechanik nicht mit dem Schlüssel ranzukommen. Jetzt haben Segment Gear und das Messingzahnrad zwar sehr viel Spiel, aber die Zahnung ist da groß und stabil genug.
Der maximale Hub und die beiden Extremdurchläufe (nächster Titel/ +23) laufen auch sicher durch. Die "Reserve" ganz unten und ganz oben könnte zwar besser sein, aber alle Ringe dazwischen werden recht gut in der Mitte getroffen.

In den nächsten Tagen werde ich mir noch Tonarm- und Plattenteller Einstellungen anschauen und dann kann das Ganze ins Cabinet. Mal sehen, ob ich es schaffe, bis Weihnachten den ersten Ton der wiederbelebten 1100 zu entlocken.

Gruß Jens
Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
21.11.21 23:52
Hallo Jens

Na, das hört sich ja gut an, mit Deiner Mechanik .....
Hast Du die Torsionsfeder noch auf 6 Umdrehungen aufgezogen oder sie bei den von Dir genannten 5 Umdrehungen belassen ?


Zum 580er Lautsprecher, der wegen des "Tulip - Motivs" ja gut zur W 850A passt, ist sehr sehr selten.
Seit Jahren ist kein unrestaurierter mehr in den USA gefunden worden.
Das Besondere am 580er ist, dass es der einzige Wurlitzer Zusatzlautsprecher mit Bubble Tubes ist.
Er besitzt auch einen eingebauten Fernwähler.
Es wurden meines Wissens nach nur knapp unter 1000 Stück gebaut und ich denke mehr als 90 % sind nicht mehr "am Leben".
Ein 580er Lautsprecher kostet mehr als eine W 850, restauriert so in Richtung $ 30.000, denke ich.

Ich habe für meinen 580er vor vielleicht 15 Jahren in den USA bei einem Händler $ 26.000 bezahlt ( dafür musste ich mein Haus beleihen ... ) und der Zustand war sehr schlecht. Es gab unzählige lose Furnierstellen, alle Holzteile waren locker und zur Restaurierung habe ich den kompletten Holzkorpus in seine einzelnen Holzteile zerlegt um diese dann vernünftig kleben und bearbeiten zu können.
Zudem fehlten die beleuchteten Plastikteile und eine Tulipscheibe konnte ich als Repro gerade noch kaufen, bevor Jukebox Junction vor mehr als 10 Jahren das Geschäft aufgab.
Die Bubbletubes hatte auch mal ein Sammler aus Los Angels in Kleinstserie vor sehr vielen Jahren reproduziert und ich konnte auch davon einen Satz als eiserne Reserve ergattern.

Die komplette Restauration hat mit längeren Unterbrechungen ( aus Frust und wenig Lust ) ca. 7 Jahre gedauert.
Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich allein an der Front 14 Tage lang jeden Tag die Schraubzwingen ein Stück weiter gesetzt habe ..... und dann fand ich immer noch kleinste, lose Furnierstellen.
Es war eine der aufwändigsten Gehäuserestaurationen, die ich in über 30 Jahren durchgeführt habe.

In Deutschland gibt es außer meinem 580er, soweit ich weiß, nur noch einen weiteren und in Österreich hängen meiner Kenntnis nach ebenfalls nur zwei.

Es ist allerdings Vorsicht geboten, denn weil der 580 so teuer ist, gibt es auch Nachbauten !

Servus Axel


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
22.11.21 20:35
Hallo Axel,

o.k. ich habe mir es überlegt: Ich möchte doch keinen 580-er Lautsprecher haben... Die Preise und die Verfügbarkeiten sind ja schon der Wahnsinn. Aber das Design von Maschine und Lausprecher ist einmalig - amerikanisches Art Deco mit Jugendstil Einfluss vom Feinsten.
Wird das in 50 Jahren noch so bewertet? Bei den Oldtimern verschiebt sich der Markt auch gerade von den Jahrgängen bis in die 50-er in den Jungtimer Bereich mit 70-er/ 80-er Jahrgängen. Die ganz alten Schätzchen sind eher bei den alten Sammlern und entwickeln sich im Preis nicht mehr stark. Mein Nachbar hat einen Ford A und ist damit schon ein Exot. Hast Du denn einen Plan für deine Schätzchen? Die müssen ja irgendwie zusammen bleiben. Jede Sammlung stirbt mit dem Sammler ..

Die Torsionsfeder hat ihre 6 Umdrehungen bekommen. Das ging mit Entfernen des Sicherungsstift vom "gebremsten Rad" einfach und gefahrlos. Inzwischen habe ich die meisten Einstellungen hinbekommen. Das ist halt der Preis, wenn alle Schrauben raus waren. Heute habe ich die Mechanik in die Maschine gehoben. Blöd nur, wenn die Mechanik halb auf den Schienen liegt und man merkt, dass die hintere rechte "Auflageschraube/ Hohlschraube" dabei raus muss, da geht die Mechanik nicht dran vorbei.

Was deine Holz arbeiten am 580-er Lautsprecher angeht, da habe ich auch einen Schreinerkurs an meiner 1100 durch. Der gesamte untere Teil war aufgequollen und alles entleimt, das Furnier zerfledert. Ich musste die Seitenwände bis auf das Blindholz auseinandernehmen und alles bis zum Furnier neu aufbauen. Das Grundpodest war ebenfalls durch das Gewicht der Seitenwände und Feuchtigkeit nur durch einen Neuaufbau wieder herzustellen - hat aber Spass gemacht.

Gruß Jens


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
23.11.21 10:29
Hallo Jens

Die 1100 ist meinem Geschmack nach schon eine richtig schöne Jukebox.
Deine 1100 sieht wieder sehr gut aus.
Eine Bodengruppe musste ich auch schon mal bei einer ( nicht meiner ) W 1080 nachschreinern.

Die 1100 war meine erste Schellackbox, auch weil ich mir Ende der 80er Jahre nur eine einzige bezahlbare 78er Maschine leisten konnte.
In der Folgezeit aber konnte ich mich einfach nicht beherrschen ...... es wurden dann in den folgenden Jahrzehnten doch immer mehr ( 11 "große" Schellack - Wurlitzer und 5 Wurlitzer mit Tablecountermechanik ).


Ja, ich bin auch der Meinung, dass jede Generation "ihre" Sammelbereiche hat.
Heute sammelt kaum noch jemand Briefmarken oder Bierkrüge ....

Auch bei Oldtimern verschieben sich die Interessen mit der jüngeren Generation in Richtung 70er und 80er Fahrzeuge.
Aber die wirklichen Klassiker, nicht so sehr die "Brot und Butter" Autos, werden immer gefragt und hochpreisig sein.
Gut motorisierte Sportwagen mit eleganten Karosserien oder Cabrios der 30er und 50er Jahre werden immer den Wert behalten, denke ich, und vielleicht auch weiter an Wert zunehmen.

Es ist zwar auch für mich ein angenehmes Gefühl, dass meine C1 Corvette ( unrestaurierter Originalzustand ) in den letzten fast 27 Jahren eher an Wert zugelegt hat, aber das Wichtigste war und ist für mich, dass mir das Privileg ein solches Fahrzeug überhaupt nutzen zu dürfen, immer noch sehr viel Freude bereitet.


Bei Jukeboxen handelt es sich meiner Ansicht nach um ein Sammelgebiet mit weniger breitem Interesse in der Bevölkerung.
Und die Preise für Schellackboxen sind in den letzten Jahren eher rückläufig oder stagnieren. Für das Zubehör der Wurlitzer - Schellackboxen, wie beleuchtete Wandlautsprecher und seltene Wallboxen werden aber heute zum Teil höhere Preise bezahlt, als noch vor 20 Jahren.
Ich war schon in den 80er Jahren, als ich mich erst ein paar Jahre mit Jukeboxen befasste, von dem Zubehör begeistert.
Schon zu meiner allerersten Jukebox, einer Rock Ola Tempo 1/120, gekauft 1983, suchte und erwarb ich 1984 zugehörige Wallbox und Stepper. Und damals musste man viele Kilometer fahren um solches Zubehör überhaupt zu finden, denn es gab nur Telefon und kein Internet. Nur um einen originalen Tastensatz für meine Tempo 1 zusammenzutragen, Repro-Tastensätze stellte damals noch niemand her, bin ich weit über 300 km gefahren und habe sehr viele alte Automatenaufsteller abgeklappert.

Du fragst mich ob ich einen Plan für meine Schätzchen hätte .....
Ehrlich gesagt : nein, denn noch bin ich nicht so weit im Kopf, mich von meinen Sachen trennen zu wollen / zu können.
Klar wäre es mir auch am liebsten, wenn meine "Sammlung" ein "gutes Zuhause" finden würde und auch vielleicht zusammenbleiben würde, aber die Realität sieht einfach anders aus.
In den USA habe ich auf zwei Versteigerungen live miterlebt, wie wirklich große Sammlungen, zusammengetragen wohl über Jahrzehnte, an zwei Auktionstagen förmlich "detonierten" und über die ganze Welt neu verteilt wurden.
Ich denke den einzigen Trost, den ein Sammler hat, ist, dass seine Sammlungsgegenstände wohl nicht in der Schrottpresse landen, sondern anderen Besitzern später auch wieder Freude bereiten und hoffentlich auch geschätzt werden.

Und an eine Preisentwickung der kommenden 50 Jahre denke ich nicht, denn meine Restlaufzeit ist deutlich eher zu Ende.
Und mitnehmen kann man sowieso nichts.

Trotzdem ich mich nun seit fast 39 Jahren mit Jukeboxen befasse, macht dieses Hobby mir immer noch sehr viel Spaß und ich freue mich über jede Maschine oder jedes Zubehör, wenn es wieder funktioniert und gut aussieht. Das ist für mich die Hauptsache.

Viel Erfolg bei der endgültigen Inbetriebnahme Deiner 1100.
Servus Axel


Re: Wurlitzer 1100 seltene Hauptmechanik - Lagerbuchse
24.11.21 20:41
Hallo Axel,

ich glaube Du hast das Entscheidende damit gesagt, dass es die Freude an den schönen Dingen ist, die den Wert ausmachen.

Ich erfreue mich immer an meinen Boxen und meinem 50-er Jahre Auto. Ich bin aber, im Gegensatz zu dir, bei den Jukeboxen nicht so sehr der Museums-Qualitäts-Spezialist, sondern widme mich eher den fast Hoffnungslosen Fällen. Da ist der Einstand nicht ganz so wild und ich kann den Aufwand dann selber bestimmen. Das Ergebnis ist dann natürlich nicht so perfekt, wie auf deinen Bildern, aber im Verhältnis zum Ausgangszustand oft recht beeindruckend. Der Dreiklang aus (Elektro) Mechanik, (Holz) Gehäuse und alter Röhrentechnik ist dabei die besondere Herausforderung. Auch wenn ich beruflich mit allem gar nichts am Hut habe, so habe ich mich in vieles eingearbeitet - auch mit einigen Rückschlägen.

Die 1100 kommt so langsam ins Leben zurück, auch wenn ich mit einem Kurzschluß in der Auswahleinheit-Beleuchtung zu kämpfen hatte. Der Trafo hat es Gott sei Dank überlebt. Eine der Lampenfassungen, die zum Teil isoliert vom Gehäuse angebracht sind, hatte Kontakt zu einem klappbaren Gussteil - böser Fehler. Beim Hochklappen der Abdeckung, Fehler weg - runterklappen und Box zumachen - Fehler wieder da.

Ich denke, wir sollten die Forumsteilnehmer nicht weiter mit unseren Lebensweisheiten von Herren im fortgeschritten Jahren langweilen und von meiner Lagerbuchse haben wir uns auch schon recht weit entfernt. Ich werde mich weiter durchwursteln und hoffentlich bald den ersten Ton der Maschine entlocken können. Wenn da nochmal Hindernisse auftauchen, dann setze ich natürlich weiter auf die Hilfe von Dir und im Forum.

Viel Freude weiterhin an den Schätzchen und im Dezember muss der Elvis raus und Wham - Last Christmas rein. Dann sind wir im Januar alle froh, den Elvis wieder zurück zu sortieren zu können ...

Gruß Jens
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