Lautstärkeproblem nach Nadelwechsel beii 100J

geschrieben von - posted by noffie99 
Lautstärkeproblem nach Nadelwechsel beii 100J
07.05.07 11:16
Hallo, habe an meiner Seeburg 100J die beiden Naden durch Neue Typ N363 Redhead ersetzt, so weit kein Problem. Was mir aber auffällt ist die Tatsache, dass nun die Lautstärke (LS) der Singles stark variiert. Ich möchte eigentlich nicht bei jedem Lied hinten an der Box die LS nachjustieren............ Vor dem Wechsel war die LS mehr oder weniger konstant. Falsch einsetzen kann man(n) die Dinger ja kaum, woran kann das denn sonst liegen? Nadelkopf falsch geschliffen? Ich möchte sicher sein, dass das Problem nicht VOR der Jukebox ist sondern darin.... :) Danke für Tipps. Ralph
Re: Lautstärkeproblem nach Nadelwechsel beii 100J
08.05.07 08:41
Hallo,
die 100j besitzt eine AVC-Schaltung (Automatic Volume Control), die am Verstärker mit einem Schalter aus und eingeschalten werden kann. Vielleicht ist das der Grund. Bei manchen ist die AVC aber üerrückt worden, weil da der Klang angeblich besser wird. An den Nadeln kann es meiner Meinung nach nicht wirklich liegen - es sei denn die alten waren so desolat dass man keine Höhen mehr mitbekommen hat.

Grüsse aus Wien
Gustav
Re: Lautstärkeproblem nach Nadelwechsel beii 100J
08.05.07 12:26
Hallo,

Ob die AVC in einem MRA oder HFMA Verstärker funktioniert, kann man gut hören, wenn am Plattenanfang die Lautstärke weich ansteigt und dann konstant beibt. Es sind nämlich die gleichen Komponenten für diesen sog. "Squelch" verantwortlich, die auch den unterschiedlichen Aufnahmepegel (AVC) aussteuern sollen.

Bei den meisten unrenovierten Verstärkern funktioniert diese Schaltung nicht mehr und leider fällt es nur dem Kenner auf. Manchmal tuts die Germanium-Diode für die Signal-Gleichrichtung nicht mehr -
oder es wurde - wie Gustav schreibt - die AVC bewusst stillgelegt, weil damit die Lautstärke an einem altersschwachen Amp noch etwas erhöht werden konnte. Das Stillegen wird entweder durch Entfernen der Signal-Gleichrichter-Röhre oder das Unterbrechen der Verbindung beim Signal-Spannungsteiler erreicht. Es wird also nichts überbrückt sondern etwas unterbrochen.

Ein Fehler kann auch im Kamm-Relais in der Mechanik liegen, wo "Squelch" durch Unterbrechen eines Stromkreises aktiviert wird.

Bei einem ordentlich renovierten Verstärker funktionieren AVC und Squelch recht gut, wie ich derzeit bei zwei MRA5-L6 Verstärkern hören kann. Eine Klangeinbusse durch AVC kann ich nicht bestätigen.

Gruss
Helmut

Gruss
Helmut



2 mal bearbeitet. Zuletzt am 08.05.07 12:34.
Re: Lautstärkeproblem nach Nadelwechsel beii 100J
08.05.07 18:37
Hallo noffie99

Welchen Typ Nadel hattest Du vorher eingebaut.
Es gibt die "alten" geraden Nadeln (siehe Foto) und die abgewinkelten.

Ich habe schon neue abgewinkelte Nadeln gehabt, bei denen war der Pegel wesentlich geringer als bei den geraden.

Hast Du den LS Regler nach dem Tausch der Nadeln gleich eingestellt gelassen wie mit den alten Nadeln, oder gleich nach dem Tausch lauter oder leiser gestellt?

Zur AVC Schaltung allgemein.
Ich bin kein Freund dieser Schaltungen und habe diese bei all meinen Boxen und selbst bei Verstärkern die ich für andere überholt habe (nach Rücksprache) deaktiviert. Durch die AVC Schaltungen wird der Eingangspegel reduziert, damit der Ausgangspegel nicht über einen bestimmten Wert kommt. Dadurch wird aber nicht nur eine Platte die gesamt lauter aufgezeichnet wurde bedämpft, sondern auch laute Passagen von "normal" lauten Platten. Ich finde dadurch wird die natürliche Dynamik einer Aufzeichnung verändert. Ganz schlimm kann das bei der von RO verwendeten Schaltung ausarten, da diese relativ träge arbeitet. Bestimmte Titel kann man mit AVC gar nicht anhören, da das ganze nur noch ein Gepumpe (lauter - leiser - lauter usw.) ist.

Hier noch ein Textauszug aus einem Prospekt von einem modernen Kompressor/Limiter, der ja auch eine Pegelbegrenzung macht, das aber viel aufwendiger als in einem Jukeboxverstärker aus den 50er oder 60er Jahren des letzten Jahrhunderts.

"Im Kompressor/Limiter Modus arbeitet ein Breitband Dynamic Processor mit Soft Knee und Hard Limiting, ideal für Lautheitsteuerung von Musikprogrammen. Zahlreiche Timing-Parameter und spezielle Auto Release Algorithmen tragen Sorge, daß unerwünschte Nebeneffekte der Kompression auf ein Minimum reduziert bleiben und der Klangcharakter des Programms nicht verändert wird".

Und hier noch etwas zur Kompression.

"Häufig eingesetzt wird diese Technik bei Radiosendern, die das meistens bereits stark komprimierte Originalsignal eines Musikstückes vor dem Senden erneut komprimieren, um eine möglichst hohe Lautheit bzw. akustische Durchsetzung im Vergleich zu anderen Sendern zu erreichen. Das ergibt den teilweise kritisierten "Matsch-Sound" vieler Radiosender". (aus wikipedia.org)

Zum Verständnis:
Beim Senden wird das Signal komprimiert, damit die lauten Passagen leiser werden und dann wird mit dem Gesamtpegel wieder hinaufgefahren. Was da von der ursprünglichen Dynamik einer Aufnahme übrig bleibt ist mit "Matsch-Sound" gemeint.

Gruß,
Roland





Re: Lautstärkeproblem nach Nadelwechsel beii 100J
08.05.07 20:01
Uups, ich muss Roland mal beipflichten, bei Rock-Ola nervt die Schaltung ziemlich, hab die auch abgeschaltet
Re: Lautstärkeproblem nach Nadelwechsel beii 100J
09.05.07 10:38
Hallo allerseits

@ Roland und charlybrown

ich muß leider etwas widersprechen. AVC, Dynamikompressor und Limiter sind, obwohl sie ähnlich aussehen, drei verschiedene Dinge.

Limiter werden in Discotheken eingesetzt, um den maximalen Lautstärkepegel zu begrenzen. Solange der Lautstärkepegel nicht in die Nähe der eingestellten Maximallautstärke kommt, darf ein Limiter nicht in die Regelung eingreifen.

Dynamikkompressoren werden vorwiegend von Rundfunk- und Aufnahmestudios eingesetzt. Der Dynamikumfang eines Orchesters oder auch anderer Lifemusik - Quellen ist so groß, daß bei einer linearen Aufzeichnung die lauten Stellen das Aufnahmemedium übersteuern würden, während die leisen Stellen in die Nähe des Grundrauschpegels kämen. Dazu wird der Pegel bei leisen Stellen angehoben und bei lauten Stellen gesenkt. Sowohl Ansprech- als auch Abfallzeit sind relativ kurz, getrennt einstellbar und erfordern die Kontrolle durch den Tontechniker.

Die Automatic Volume Control - Schaltung in der Musikbox hat die Aufgabe, unterschiedliche Aufnahmepegel der Schallplatten auszugleichen. Dazu wird aus dem Tonsignal eine Regelspannung gewonnen, die den Verstärker regelt. Die Ansprechzeit ist ebenfalls relativ kurz, während die Abfallzeit in der Größenordnung von 5 bis 10 Sekunden liegen sollte. Eine korrekt dimensionierte AVC darf keinesfalls einen Pumpeffekt erzeugen. Die AVC ist bei vielen Verstärkern in die Muting - Schaltung eingebunden. Dabei wird der AVC - Schaltung künstlich eine Regelspannung zugeführt, die die Verstärkung auf eine kleine Lautstärke stellt. Nach dem Auflegen fällt diese Regelspannung weg und die AVC erhöht langsam die Verstärkung. In diesem Zeitraum kommen die ersten Tonsignale und übernehmen die weitere Regelung.

Viele Grüße - charly49
Re: Lautstärkeproblem nach Nadelwechsel beii 100J
09.05.07 12:53
Noch mal zurück zum Problem von noffie 99.
Hängt die unterschiedliche LS mit der Plattenseite zusammen? Es könnte ja sein, dass eine Nadel schlecht im Halter sitzt und daher ein schwächeres Signal liefert als die andere.

@charly 49: Wow!!! Super erklärt, sogar die unterschiedlichen Regelzeiten die den Pumpeffekt verhindern (kurze Ansprech- lange Abfallzeit). und die Sache mit der fremden Regelspannung. Ich bin übrigens deiner Meinung, dass eine funktionierende AVC keine Tonprobleme erzeugen darf.
Wirklich gut kenne ich allerdings nur die AVC´s der Seeburg Verstärker MRA 5 bis SHFA2 und da gabs bisher nach entsprechender Revision keine Pumpeffekte oder so was.
Über R.O. kann ich diesbezüglich nichts sagen weil ich keine Erfahrungen damit habe.

Gruss
Helmut

Gruss
Helmut
Re: Lautstärkeproblem nach Nadelwechsel beii 100J
09.05.07 13:56
Hallo charly49

Ich kenne die Unterschiede der diversen Dynamikprozessoren, da ich beruflich damit zu tun habe. Das mit dem Limiter ist klar, den habe ich nur gemeinsam genannt, da die meisten Geräte beide Funktionen kombinieren. Ein Kompressor ist ein Regelverstärker der ab einem bestimmten Pegel einsetzt und dann abregelt. Dabei lassen sich viele Parameter wie z.B. Threshold, Ratio, Attack, Release etc. in weiten Bereichen frei einstellen. Aber die Grundfunktion ist wie bei der AVC: Bei einer Schwellwertüberschreitung wird der Pegel reduziert. Im Tonstudio werden die Pegel einzelner Signale bzw. Tracks (Instrumente, Vocals etc.) mittels Kompressoren aufeinander und auf den Dynamikumfang des Tonträgers abgestimmt, eben wegen der von Dir genannten großen Dynamikunterschiede. Ein Kompressor hat bei der Wiedergabe einer fertigen Aufnahme aber normalerweise nichts verloren, da genau dadurch die aufwändig geschaffene Dynamik der Aufnahme wieder verändert wird. Bei Deiner Beschreibung bringst zudem noch ein weiteres Gerät ins Spiel - den Expander, der auch Pegel anheben kann.

Sicher hast Du Dir die AVC Schaltungen der Jukeboxverstärker schon mal per Messung genau angesehen. Ich habe schon einige Zeit der lelativ primitiven RO Schaltung und der etwas aufwändigeren Schaltung der Seeburgverstärker gewidmet. Mit Deiner Funktionsbeschreibung bestätigst Du genau das Problem von dem ich spreche. Jede AVC Schaltung hat einen Schwellwert ab dem diese anspricht (Regelbeginn). Bei RO sind das bei richtig eingestellter AVC ca. 150 mV RMS - können aber auch 180 mV sein. ( den genauen Wert habe ich mal aufgeschrieben aber gerade nicht zur Hand). Wenn jetzt eine Platte abgespielt wird deren Pegel zuerst unter und dann plötzlich weit über diesem Schwellwert liegt setzt die AVC ein und regelt ab. Desto größer dieser Pegelsprung ist, desto mehr fällt es auf. Was hat das dann noch mit dem ursprünglichen Lautstärkeumfang dieser Aufnahme zu tun? Das wäre das selbe als würde ich an der Stereoanlage jede lautere Passage sofort mittels dem LS-Regler zurückdrehen. Mit der Muteschaltung ist die AVC normalerweise nicht verbunden. Seeburg hat es mit der Squelch Funktion gekoppelt. Diese bewirkt ein "sanftes" hochregeln der Lautstärke am Anfang einer Platte. Diese Funktion ist auch nicht für jeden Geschmack. Zudem ist die AVC Schaltung bei einigen Seeburg Verstärkern so ausgeführt, dass selbst wenn die AVC mit einem vorhandenen Schalter ausgeschaltet wird bzw. durch Entnahme der entsprechenden Röhre (wie in den Manuals angeführt) deaktiviert wird, noch immer einige passive Komponenten (Widerstände + Kondensatoren) im Signalweg verbleiben und diesen klanglich beeinflussen. Deshalb gibt es auch mehrfach die Empfehlung gewisse Bauteile zu entfernen oder auf einer Seite abzulöten.

Ich bleibe jedenfalls dabei: AVC Nein Danke!

Gruß,
Roland

PS: Bitte postet doch eure Erfahrungen und Meinungen zum Thema AVC. Ich habe dazu einen neuen Beitrag angefangen.
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